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heimkehr

Beitragvon Perry » Mi 13 Mai, 2009 16:46


fabrikhallen reihen sich. der bolzplatz
dem boden gleich gemacht, plan.
das pfeifen der stare zum feierabendsignal
verkommen, erinnerungen stempeln sich aus.
du versuchst die selbstgezimmerten tore
auf dem grünstreifen vor der verwaltung
wieder auferstehen zu lassen, hängst
die schaukel in die alibibäume, auf der
ihr bunter rock himmelhoch flog, deine
fantasie dich zum helden der lüfte kürte.
hart gelandet streift dein blick übers tal,
das einst heimat jugendlicher träume war.
heute sind es nur noch kirchenglocken,
die dich nach hause rufen.
Perry
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Re: heimkehr

Beitragvon Friederich » So 17 Mai, 2009 18:47


Hallo Perry,

ein retrospektives, bilderreiches Prosa-Gedicht, das mir einiges sagen kann. Mir gefällt vor allem das Spiel mit der Sprache, dass aus einem text, der starke narrative Elemente enthält, ein verdichtetes Werk macht. So sagt mir sehr die Doppelbedeutung von "Plan" zu; was einst ein Fußballplatz samt Geschrei, Austoben und spielerischer Gemeinschaft war, ist nun plan gemacht. Doch auch weitere Assoziationen des Terms drängen sich auf, die in Richtung Industrie gehen. Darüber hinaus mag der Neologismus "Alibibäume" etwas ungeschickt wirken ob seiner schwierigen Aussprache und der Binnenalliteration, doch seine Assoziationskraft macht dies wett.

Das Ende fällt meiner Meinung nach gegenüber dem Gesamttext leider etwas ab. Die Symbolik der Kirchengocken ist zwar prinzipiell wirkungsvoll, gerade im Kontrast zwischen jugendlichen Träumen, Natur und Retrospektive, doch irgendwie ein wenig erwartbar. Ich gebe aber zu, dass ich hier keinen Verbesserungsvorschlag anzubringen habe und verbleibe mit einem generellen Lob für einen in Ganzen starken Text.

Gruß, Friederich
L'avenir, on ne l'attend pas comme on attend le train. L'avenir, on le fait. (Georges Bernano)

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Re: heimkehr

Beitragvon Perry » Mo 18 Mai, 2009 10:40


Hallo Friederich,
danke für dein genaues Lesen und Interpretieren. Der Schluss ist natürlich Geschmackssache. Ich bin hier einfach in der Realität geblieben, weil das Läuten der Kirchenglocken, das einzige war, dass noch "heimisch" klang. Viele finden im Alter im Glauben ihre letzte Zuflucht, für andere steht am Ende eventuell nur das Nichts. Vielleicht fällt mir noch ein etwas offeneres Bild ein.
LG
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