Lyrik rund um das Thema Liebe

nur für dich: undurchdrungen

Beitragvon i.z. » Do 16 Okt, 2008 15:30


[size=50:1f2j9ak5]ursprüngliche Fassung (Titel: "für dich: undurchdrungen")

seidig
liegt ein kleines
in wärmenden sekunden

friere ich an mir
an meinem zentrum
fest

ein mantel, sich zu lösen
und fürchte zu
erkennen

ein leises wort
für immer
für niemals und
für dich


_________________________________________________
überarbeitete Fassung:[/size]

ein kleines
nur in wärmenden sekunden
erfriert es eilig und zertrennt sich
mit dem letzten schritt von dannen

ich will nicht weichen
doch verhärtet
liegen larven offen
borkt dem blick die kruste nichts

fürchte mich
vor den toren alternd ruhem leidens
denn bin ich wie viel ich bin
für dich nur: undurchdrungen
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i.z.
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Re: für dich: undurchdrungen

Beitragvon blaue_Raupe » So 19 Okt, 2008 15:53


Hi i.z.


Seit ein paar Tagen streiche ich hier immer mal wieder vorbei und gucke, was der Text macht.
Und frage mich, woran’s denn nun liegt, dass er mir noch nicht richtig schmeckt, ob ich die Kohärenzprobleme noch auflösen kann oder ob das Gedicht letztlich auch für mich so auskommt, wie’s da steht.
Ein paar Worte …

für dich: undurchdrungen
~
Okay, der Doppler. Ich schreibe für dich, für dich bin ich undurchdrungen. Das Wort kommt im dunklen Klang ganz gut, trägt auch darin schon etwas von dem, was es mir andeutet.


[size=85:3a2gouec]seidig
liegt ein kleines
in wärmenden sekunden[/size]
~
Die Schwierigkeit, die sich mir beim Erstlesen auftat, kann ich nach mehrmaligem noch selbst beheben, und wenn es das Substantiv ist, von dem ich vermute, dass es sich hinter der Auslassung verbirgt, finde ich es zumindest geschickter gemacht, als es mittenmang hineinzusetzen.
Die Doppeldeutigkeit hingegen finde ich im Bild nicht optimal, gegeben, dass „ein kleines“ zumindest für mich auch synekdochisch für’s Baby herhalten könnte. Seidig für Haut und Haar, das geht dann auf die Kappe der Auslassung.
Wenn ich im zweiten Stück dann aber über „friere ich […] / an meinem zentrum fest“ gehe, scheint sich das Bild zu korrigieren. „Seidig / liegt ein kleines [Herz] / in wärmenden Sekunden“.
In den ersten Versen wird scheint’s ein Augenblick umrissen, ein Herzwärmer in einem bestimmten Moment, in dem noch eine andre Person zugegen ist. Im Undurchdrungenen gibt es eingangs also den enorm offenen, nackten Moment. Vom Titel keine Spur.


[size=85:3a2gouec]friere ich an mir
an meinem zentrum
fest[/size]
~
Hier fehlt mir offen gestanden noch ein Anzeiger, durch dessen Hilfe ich die Anschlussverse
mit dem Eingangsstück in Verbindung bringe. „In dem Moment [der wärmenden Sekunden]“? „Sonst [friere ich an mir / an meinem Zentrum fest]“, diesmal nicht? Es ginge Verschiedenes.
Syntaktisch wär’s sicherlich auch anders zu lösen, p.e. „Friere ich an mir / an meinem Zentrum / fest / (,) [generell], bild ich einen Mantel / mich zu lösen“ (nur als Beispiel).
Das Herzbild hingegen verfestigt sich, zumal sich der Sprecher darauf reduziert in dem Moment (an mir, an meinem Zentrum).
Ich sehe, dass es in der jetzigen Version möglich ist, die Zäsur hinter dem „seidig“ zu verstärken, damit eine ähnliche Syntaxstruktur zustande kommt wie in meinem Beispiel. Mal sehn.


[size=85:3a2gouec]ein mantel, sich zu lösen
und fürchte zu
erkennen[/size]
~
Wie erwähnt, syntaktisch hängt das vorausgegangene Zwischenstück für mich noch unschön in der Schwebe.
In den Bezügen kann ich es im Lesen noch so biegen, dass das „ich“ der Platzhalter des Mantels um das Herzstück, das Zentrum herum ist.
„Ein Mantel / sich zu lösen / und fürchte zu / erkennen“? Da liegt der größere Haken im Gegensatz zu den Vorstücken, in denen ich mir die Grammatizität aus selbstgesetzter Interpunktion noch filtern kann.
Der Anzeiger „sich“ als Generellbezug gefällt mir nicht, noch weniger im Anschluss mit dem anschlusslosen „und fürchte zu / erkennen“.
Der Ausdruck „Ein Mantel sich zu lösen / [und zu erkennen]“ gibt mir weitaus weniger her in Bezug auf das Objekt Mantel, als die vorher verwendeten Bilder. An dem Stückchen könntest du in meinen Augen also wirklich noch was machen.


[size=85:3a2gouec]ein leises wort
für immer
für niemals und
für dich[/size]
~
Vielleicht auch in Verbindung mit den Schlussversen. Teils ist es sicherlich Geschmackssache, dass ich einen Abgangskloß aus „ich“, „du“, „wir“, „für dich“ etc. meist nicht sonderlich prickelnd finde, aber hier sähe ich ihn zu lösen, wenn du im Vorstück die Syntax glätten könntest, d.h. „und fürchte zu erkennen / ein leises wort“, was ich nicht sonderlich elegant finde, aber das „zu erkennen“ p.e. könntest du ins letzte stück runterziehen und so einen fließenderen Übergang schaffen.

z.B.
[size=85:3a2gouec]und fürchte

ein leises wort
zu erkennen [/size]
[…]

Aber bloß eine Idee.
„Erkennen“ könnte man ebenfalls noch mal überdenken, hin zu einem „sinnlicheren“ Begriff, wenn es mit, wie ich vermute, einem Abschiedswort Hand in Hand geht.
Darin scheint auch der Titel zu schlummern ... ein Panzeranlegen des Sprechers, dass der/die andere den Block nicht sieht, der den Abschied mildern soll?


Soweit aber eine erste Stimme, vielleicht zu ein paar Einblicken. Nein, gänzlich "übel" finde ich es nicht. Vielleicht ein wenig lasch vor allem im Abgang. Aber the Ausführungen might tell ...

VG
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Re: für dich: undurchdrungen

Beitragvon i.z. » So 19 Okt, 2008 16:35


Hallo Raupy,

mir war klar, dass ich dieses hier keiner gänzlich guten Kritik aussetzen würde. Es ist nicht rund, sprachlich nicht liquid. Es fehlt ihm an Verve. Du hast fast aufs Haar genau die Stellen angesprochen, mit denen ich am unglücklichsten bin. Dieses Gedicht wollte von Anfang an nicht so, wie ich wollte, und ich werde mit Sicherheit nochmal drübergehen.

Was ich jetzt aber schon dazu sagen kann, ist, dass die Strophen nicht so sehr verknüpft sind. Sie sollen freier von sich selbst sprechen, als du sie deutetest. Auch das "für dich" im Titel hast du für meinen Geschmack ein wenig lässig behandelt. Intentionell kommt ihm eine höhere Bedeutung zu.

Ich wollte auf der Ebene einfacher, ungewaltätiger Worte verbleiben, daher ist das "erkennen" in diesem Zusammenhang wohl etwas "unlyrisch" geraten und passt sich dem "seidig" beispielsweise nicht an.
Die letzte Strophe ist mir, offen gesagt, auch zu abgedroschen. Ich wollte einen Bogen zum Titel spannen, um eben das "für dich" extrahiert zu unterstreichen.

Nein, es ging mir nicht um Abschied. Es ging mir um zweierlei, aber vermutlich habe ich zuviel gewollt. Ich werde es nochmals überarbeiten. Vielleicht kann ich deutlicher machen, was mein Anliegen ist. Bis dahin,

Grüße,
i.z.
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Re: für dich: undurchdrungen

Beitragvon blaue_Raupe » So 19 Okt, 2008 17:59


Hi nochmal.


Was ich jetzt aber schon dazu sagen kann, ist, dass die Strophen nicht so sehr verknüpft sind. Sie sollen freier von sich selbst sprechen, als du sie deutetest. Auch das "für dich" im Titel hast du für meinen Geschmack ein wenig lässig behandelt. Intentionell kommt ihm eine höhere Bedeutung zu.

Stümmt, die Klammer habe ich entdeckt und bleibe, was das "für dich" betrifft trotz der Struktur beim Kritikpunkt.
In anderen Fällen hab ich dem Text vielleicht stellenweise etwas unrecht getan, indem ich einige Lesarten anfangs nicht erschöpft habe, die auch das ein oder andere grammatische Gefissel auflösen könnten.
Aber so ist es - man schreibt ja immer von einem "bisherigen" Arbeitsstandpunkt aus. Gut, dass hierzuboard Etliche sind, mit denen man sich Weiteres erschließen kann.

Hier füge ich jetzt noch an, dass das, was ich als unzusammenhängend betitelt habe, in andere Lesecluster gepackt werden kann, etwa zu:

[size=85:3pii4jcp][undurchdrungen]
seidig
liegt ein kleines
in wärmenden sekunden

[undurchdrungen]
friere ich an mir
an meinem zentrum
fest

[undurchdrungen]
ein mantel, sich zu lösen [...]
und [...] fürchte zu
erkennen[/size]

Sicherlich gäbe es auch da "Optimierungsbedarf", aber der Titel lässt sich spalten in die starre Klammer des "für dich" & jenes "undurchdrungen", das innerhalb dieser Klammer jeweils im Eingangsvers mitgelesen werden kann.

Bestehen bleibt das Genöle vor allem am dritten Stückchen, aber vielleicht hab ich der Struktur auf dem Erststandpunkt des Kommentierns wirklich ein Stück weit unrecht getan und setze deshalb "eine andere" Lesart des Strukturellen noch drunter.

Du arbeitest noch dran, mal gucken, was kommt.

VG
r~~~
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Re: nur für dich: undurchdrungen

Beitragvon i.z. » Fr 24 Okt, 2008 10:22


Hallo Raupe und andere:

Überarbeitung abgeschlossen.
(Man verzeihe mir bitte das Pushen).

Grüße,
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Re: nur für dich: undurchdrungen

Beitragvon blaue_Raupe » Do 13 Nov, 2008 17:01


Hallo.


Wie privat erwähnt – die Überarbeitung hatte ich mitbekommen, auch gelesen, als sie neu war, aber es hätte sein können, dass in der Zwischenzeit noch ein Drittleser dazukommt, der mit dem Ausgangstext noch nicht gearbeitet hat.
Da jetzt aber ein paar Tage ins Land gezogen sind und ich mich eben an den Text erinnert habe, bin ich jetzt doch noch mal da für die Bewegungen, die die zweite Version hervorgebracht hat.


nur für dich: undurchdrungen
~
Der Alternativtitel ist ja nun richtungsweisender (zumal du sagtest, manches sei meiner Aufmerksamkeit entgangen bei der ersten Meldung). Beide Deutungsweisen gehen noch, auch hier, aber mal gucken, inwieweit der dazugekommene Exklusivcharakter zum Tragen kommt.


[size=85:ttb03n33]ein kleines
nur in wärmenden sekunden
erfriert es eilig und zertrennt sich
mit dem letzten schritt von dannen
~[/size]
Okay, den Wiedererkennungswert in V1 & 2 kann man nicht absprechen, und dann kommt auch schon wieder besagter Exklusivcharakter: „nur“ in wärmenden Sekunden erfriert „das kleine“. Der Widerspruch ist auch noch gut unterzukriegen, wenn ich darauf hinauslaufe, dass etwa ne Begegnung „wärmende sekunden“ erzeugt, wobei gerade in jenen „das kleine“ erfriert, (ich überlege, ob dem „undurchdringlich“ etwa „erstarrt“ besser täte, „erfriert“ ist ja noch nicht zwingend verbunden mit dem Härtegrad einer Oberfläche – zunächst Tod, Härte wohl später), und ausschließlich für den/die „aufwärmer/in der sekunden“ undurchdringlich wird.
Dann wird es aber arg holprig & konfus. „zertrennt sich / mit den letzten schritten von dannen“. Huäh? ?(
„[es] zertrennt sich“ finde ich nicht optimal, weil es mir durch das aktive und das (zer)rennen (wie (ab)trennen) suggeriert, dass etwas von jemandem/etwas zertrennt wird, das „sich“ ist dem gesamten Ausdruck also ganz wenig dienlich.
Strukturell auch eher ungünstig: Die Lesart „zertrennt sich […] von dannen“, weil: geht so nicht, obwohl durch den Sprung der letzte Vers abgetrennt liegt und auch anders gelesen werden kann. Da würde ich noch ne kurze Schönheits-OP vornehmen.


[size=85:ttb03n33]ich will nicht weichen
doch verhärtet
liegen larven offen
borkt dem blick die kruste nichts
~[/size]
Hier wird’s dann wirklich konfuser. Die Bildebene geht ins Bäumliche, und der Wortspiele ist mir hier etwas zu viel Aufmerksamkeit vergönnt.
Was ich passend finde: der Eingang mit dem „weichen“ in doppelter Hinsicht, den würde ich belassen. Das eine Spiel mit dem folgenden „verhärtet“ würde das Gedicht verkraften, denke ich.
Allerdings: „verhärtet / liegen larven offen“? Verhärtete Larven liegen offen? Es lässt sich augenscheinlich nicht fest genug mit deinem übrigen Stoff verknüpfen, als dass es gut aussagefähig wäre, von allein.
„borkt dem blick die kruste nichts“ – das finde ich offen gestanden wirklich grausig, sowohl in der grammatischen Satzung als auch im Wortspiel. Das würde ich wirklich kicken, es tut dem ganzen Ton nicht gut für mich.


[size=85:ttb03n33]fürchte mich
vor den toren alternd ruhem leidens
denn bin ich wie viel ich bin
für dich nur: undurchdrungen
~[/size]
Ich werde den Eindruck nicht los, als sei die Überarbeitung von der Mühe geprägt gewesen, multipler, komplexer und auch in der Struktursetzung künstlicher zu arbeiten (freilich mag ich mich täuschen. Beim Lesen taucht der Anschein aber immer wieder auf).
Das hat vielleicht Verquirlungen wie „vor den toren alternd ruhem leidens“ Vorschub geleistet, die so keinen Sinn ergeben. „vor den toren“ – okay. „alternd(em/n“? Was ist „ruhem“? „leidens“, hm, die Zwischentöne stimmen noch nicht. An den Stellen war evtl zuviel gewollt, wo die Konzentration auf ein einfacheres Grundbild (evtl. Reflektion auf die Baumbilder, die in S1 & 3 noch mehr Eingang finden könnten, da sonst recht nackig) vielleicht sogar aussagekräftiger wäre.
So wirken manche Stellen der Überarbeitung noch recht zerfasert und gewollt künstlich. Es ist dann schade, da bei unhaltbaren Konstruktionen der Inhalt manchmal zugrunde geht.
Die Tore mögen wieder dem Herzbild entsprechen, den verschlossenen Toren, hinter denen noch alte Wunden schwelen. In Ausdruck und Konstruktion gibt es in meinen Augen aber noch Arbeit am Stück.

Einige Stellen sehe ich also immer noch als dringend bügelbedürftig, angemerkt sind sie zumindest. Mal sehen.

Soweit noch mal.

VG
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