Moin, ja, klar, das war nur ein Hinweis, weil du auf den ersten Metern fragtest, ob der Text Auszug eines längeren oder erster Teil einer Serie sei. Ist das neunte Segment, habe ich gerade nachgeschaut. Vorab mal vielen Dank fürs kritische Rückmelden, jetzt der Reihe nach, irgendeiner, im Zweifel.
Und ich glaube, dass die Geschichte so nicht funktioniert. Der Inhalt ist gleich null und dein Text ist stattdessen ein Stimmungsbild einer eingefrorenen Liebe. Ich möchte gar nicht zu sehr darauf eingehen, dass es nicht gerade innovativ ist, sich einzig und allein am Wetter und an den Schneeflocken als einziges Metapherchen für Lilas Gefühlslage zu halten. Daraus hättest du nämlich immer noch so einiges herausholen können, wenn du deine Figur auch nur mit ein wenig Leben füllen und deine Sprache ihrer Denkweise anpassen würdest.
Wenn ich deine rhetorischen Hakenschläge hier abziehe, bleibt die Kritik an Handlungsarmut und Leblosigkeit meiner Figur. Okay, das lasse ich erstmal so stehen.
Vielleicht denkt sie ja öfter an Träume, macht sich jeden Morgen Notizen und blättert in den Notizen oder ähnliches? Das wäre eine besondere Eigenschaft der Figur, mit denen sie sich von anderen Figuren abheben würde. Wenn du das Traumnotizenmotiv ein wenig fortführen würdest, ließe sich daraus etwas machen. Warum macht sie sich diese Notizen? Wann hat sie damit angefangen? Etc. Das würde mir als Leser es wesentlich einfacher machen, mich irgendwie ein wenig in die Psychologie der Figur reinzuversetzen.
Ja, das könnte man machen, sicher. Beim Überfliegen habe ich den Eindruck gekriegt, dass das auch so deine Stoßrichtung ist - Psychologie, die fehlt dir hier. Damit scheinst du wenigstens auf der Höhe der Zeit zu sein, diese aufwendig ausgeleuchteten Innenleben sollen ja wieder up to date sein.
Versuch doch nicht die Geschichte irgendeiner Person zu erzählen, sondern male dir Lila aus, stelle sie dir vor, wie sie durch den Park geht und denke dir dann mögliche Erinnerungen aus, Symbole, Bilder o.ä., die sich dann durch den ganzen Text ziehen können. Das würde es wesentlich spannender machen, deinen Text zu lesen.
Mensch, Smi, dein Engagement in allen Ehren, aber kuck dir doch mal die Länge und Beschaffenheit des Textes an - was du da willst, ist nicht nur wesentlich opulenter, sondern auch ganz anders. Dass es Zeichen, Bilder und Wunder gibt, hab ich auch schon mal gehört. Also das ist mir wirklich ein bisschen zu unkonkret.
"der von einer dünnen Eisschicht bedeckt war" ist doch viel zu umständlich formuliert, versuche es doch mal etwas direkter: "Der Teich war von einer dünnen Eisschicht bedeckt." oder "Eine dünne Eisschicht lag auf dem Teich."
Du meinst ohne den ersten Teilsatz, nehme ich an. Als Anfang. Das macht auf den ersten Blick Sinn.
Warum ist das wichtig, dass sie 20 Minuten auf den Bus gewartet hat? Das ist ebenso irrelevant wie der Apfel und der grüne Tee.
So Details sind authentisch. Kleinigkeiten, in denen man sich wiedererkennen oder zu denen man sich in Beziehung setzen kann. Ohne dieses 'Irrelevante' wäre der Text schlicht noch kälter. Das sind ja auch so Informationen, die man im Vorbeigehen mitnimmt, genau wie die Farbspielereien, also ich glaube nicht, dass das von einem Leser normalerweise so bewertet wird: Oh, da sind vier Farben drin, das ist ja albern. Wer das anders sieht, möge sich melden. Ich halte mich für lernfähig.
Das erste Bild verstehe ich nicht. Nach welcher Seite kann das Wasser denn gedrückt werden vom Fahrtwind? Und seit wann gibt es überhaupt Schmelzwasser an einem Bus? Ein Bus steht doch nachts ganz sicher in der Busgarage und selbst wenn nicht müsste er erst vollständig vom Schnee befreit werden, um überhaupt für den Straßenverkehr zugelassen zu werden. Das ist schon bei Autos so und bei Linienbussen sind die Vorschriften höchstwahrscheinlich noch viel strenger. Und selbst wenn da noch ein paar kleine Schneeflöckchen auf dem Dach liegen (die ja nicht frisch sein könnten, weil ja schon Plusgrade herrschen), wird davon sicher kein Schmelzwasserfall die Scheibe hinunterstürzen. Das ist vielleicht alles ein wenig spitzfindig, aber insgesamt ist es einfach zu unlogisch und deswegen überzeugt mich das Bild nicht. Davon abgesehen, dass es selbst wenn das Bild überzeugend wäre, auch nur wieder so ein unpersönliches Stückchen Fantasie ist, das deine Figur in keinster Weise besonders macht. (Und ein Komma nach Lila fehlt auch noch.
)
Ja, ja, ich habs ja kapiert! Lila ist furchtbar langweilig und verwechselbar. So. Hm, schade. Was soll ich dazu jetzt noch sagen? Deine inhaltliche Skepsis dürfte komplett daneben treffen, das habe ich schon beim Überfliegen vorhin durch meine Whiskeybrille geschnallt. Fährst wohl nie Bus, was?
Spitzfindig an sich ist schon gut, auch das kleinste Detail muss stimmen. Aber: Stell dir eine Wetterlage um 0° herum vor, in höheren Luftschichten ist es kälter, Niederschlag fällt als Schnee, der in Bodennähe sehr schnell taut. Auch, wenn er auf Busscheiben trifft. Von 'Schmelzwasserfall' ist nicht die Rede. Und in welche Richtung sollen die Tropfen schon gedrückt werden? Entgegen der Fahrtrichtung. Komma, auch noch! Bist du sicher, dass es so, wie es da steht, nicht erlaubt ist ...
Und jetzt stelle dir bitte das arme verzweifelte Mädchen, im Bus sitzend, vor, wie sie über ihre Beziehung nachdenkt.
Ja, erledigt. Und wer soll das sein?
Echt, Smilodon, du wünscht dir hier Sachen rein, also ich frage mich grade, was ich von solch freischwebenden Vorschlägen halten soll. Schau mal, der Text ist grundsätzlich anders angelegt, als du ihn haben willst. Ich will hier keine Figurenpsychologie oder konkreten Erinnerungen. Und - deine Interpretationsfreiheit in allen Ehren - das 'arme verzweifelte Mädchen' gibt es hier nicht, in keinem meiner Texte gibt es die, was ist das überhaupt für eine Person? Dienstmädchengemüt achtzehntes Jahrhundert? Lila ist in meinen Augen eine taffe Frau, die ziemlich kalt über eine Beziehung und das Vergehen reflektiert, zwischendurch geht sie durch eine winterliche Landschaft, isst Frühstück und wartet auf den Bus. Mir ist schon klar, dass ich hier ne Menge Abstand zu ihr habe, das ist herzloses Erzählen, da gebe ich dir recht, aber für mich ist das rund - das Setting, sie und was sie isst und tut, die Art, wie sie ihren Gegenstand reflektiert. Das ist alles distanziert und kühl. Mir ist diese Erzählstimme nicht zugestoßen oder so, die ist schon gewollt.
Glaubst du wirklich, sie würde denken: "Ob ich diese Wetterlage als Zeichen verstehen sollte oder ob der Versuch einer Wiederbelebung nur zu Störungen in meiner Atmosphäre führen würde?"
Nee, deswegen ist das auch nicht als ihr Gedanke gekennzeichnet, nehme ich an. Ist immer ein schwieriges Thema, Gedanken glaubwürdig darzustellen. Sehr reizvoll, der direkte Blick nach innen, aber verschriftlicht klingts dann hölzern, wie du schreibst. Den Satz, den du hier rausgepickt hast, den würde ich dem Erzähler zuordnen. Das kann natürlich leicht missverständlich sein mit den fließenden Übergängen.
Davon abgesehen, dass zwei Freundinnen, die Lila und Rosa heißen, an Albernheit kaum noch zu überbieten sind, frage ich mich hier auch wieder, warum ist es wichtiger, dass Lila an Rosa denkt? Und sprachlich ist das "Sie schob den Gedanken beiseite" wiederum zu umständlich. "Egal, sie dachte lieber an Rosa. Die war jetzt wichtiger." - würde es auch tun und nicht so einen langatmigen Block zwischenrein schieben.
Ja, gut. Wollte ich übernehmen! Aber lies das mal mit deinem Vorschlag, dieses lapidare 'Egal' fällt mE aus der Stimme - meinst du nicht? Vorschläge sind übrigens auch ohne Echauffrierungen willkommen, die kommen selbst langsam albern rüber.
Zu Rosa und Lila: Dass die Namen irritieren, kann ich nachvollziehen. Ich habe die emotional gewählt, die Namen schienen mir richtig für die Figuren. Vielleicht wegen des Gegensatzes zu den behandelten Themen. Geht nämlich um verschiedene Todesnähen im Gesamttext, was kontrastiert Ernsthaftigkeit besser als Albernheit?
Was denn für Sätze? Auch hier bleiben die Personen völlig blass. Warum gerade er? Was ist so besonders an seinem Gesicht? Was hat er denn so besonderes gesagt, sodass es immer wieder durch ihren Kopf spukt?
Sorry, finde ich für diesen Text völlig irrelevant. Fläche, keine Tiefe. Dass dir das nicht liegt, ist natürlich schade, aber so sind die Figuren hier angelegt.
?
! - lies den Satz mal weiter ...
Flauschige Schneeflocken bei Plusgraden?
Ansonsten ist eine der Stellen (oder DIE Stelle) deines Textes, die mir noch am besten Gefallen. Ich meine den letzten Teil: "Flocken fallen und zu seiner dünnen Schicht Vergessen werden."
Leider machst du dieses eine schöne Bild im nächsten Satz gleich wieder kaputt, indem du diese banale Alltagsfloskel reinbaust, damit der Leser gar nicht erst auf den Gedanken kommt, die Schicht Vergessen auf sich wirken zu lassen und für sich zu interpretieren.
Puh, knapp ums Lob rumgekommen.
Auch hier wieder: Was für Bilder? Wenn du am Anfang etwas erzählt hättest von gemeinsamen Erlebnissen könntest du hier diese Bilder nochmal kurz anklingen lassen und du hättest einen schönen Rahmen um den Text.
Wie die Eislaufen oder einen Igel gerettet haben oder was?
Einen schönen Rahmen! Und dann kannstes in dein Ikea-Wohnzimmer hängen, das brav die Stilmittel durchkonjugierende Textchen ...
1. die umständliche Sprache, die weder deiner Figur noch einem solchen Stimmungsbild gerecht wird,
2. die blassen Figuren, die du vollkommen charakterzugs- und erinnerungslos gezeichnet hast, und
3. die Überflüssigkeit vieler Szenen, die deinem Text keinerlei Mehrwert bieten, wenn du sie nicht weiter ausbaust oder zu einem stimmigen Gesamtbild der Figur ummünzt.
Kein Plan, was du mit umständlicher Sprache meinst.
Es ist eine Figur, die durch das was sie tut, sagt und reflektiert charakterisiert wird.
Das kann sein, vielleicht macht es keinen Sinn, einzelne Teile zu posten. Das wäre dann meine Fehleinschätzung, in dem Fall: Mea Culpa.
Danke für deine Einschätzung!
cube