PS: Literatur! Frage, muss jemand ein Literaturstudium absolviert haben, wenn er literarisch – schriftstellerisch -tätig werden will? Ist es zu vermessen, wenn er über Zeitgeschehen schreiben will.
Wenn jemand über Zeitgeschehen schreiben möchte, wäre ein Studium der Politik oder Neuesten Geschichte wahrscheinlich sinnvoller. ;)
Philosophie – Forschen und Streben nach Erkenntnis – betreiben möchte, und seine Erkenntnisse darlegen, usw.?
Es gibt zweierlei Arten, Philosophie zu betreiben. Philosophie für den Hausgebrauch, wo quasi jeder einfach seine Meinung über Gott und die Welt preisgibt - und was sicher auch wichtig ist für den Einzelnen und hier auch gar nicht abgewertet werden soll.
Und wissenschaftliche Philosophie, in der es auf systematisches Denken und klare Argumentationsstrukturen ankommt, um komplexe und manchmal auch sehr spezifische Fragen zu klären und die eben in der Universität angesiedelt ist.
Und es taucht ein Bild vor mir auf, aus einer Kurzserie vor einigen Jahren, in der eine Französin auf einer ererbten Ranch in Amerika einen hysterischen Anfall bekam, als sie eine schwarze Sklavin und einen Sklaven beim Lesen lernen erwischte. Ich frage mich, wie hättet ihr reagiert, wäret ihr damals an der Französin ihrer Stelle gewesen? Die Sklaven taten etwas was ihnen die Weißen nicht gestatteten. Viele hielten auch die Schwarzen nicht klug genug für ein Studium oder gar wissenschaftlich zu arbeiten.
Und hier hast du ein paar ganz grundlegende Punkte meiner Argumentation nicht verstanden, daher führe ich dir alles nochmal punktgenau auf:
1. Es geht hier in keinster Weise darum, Leuten den Zugang zu Bildung zu versperren, schon gar nicht wg. ihrer sozialen Herkunft usw.
2. Dennoch ist es wichtig, dass an der Universität gewisse Grundqualifikationen vorausgesetzt werden, zum Beispiel die Allgemeine Hochschulreife (hierzulande Abitur genannt), um das Niveau der wissenschaftlichen Forschung aufrecht zu erhalten.
3. Für die Vermittlung dieser Grundqualifikationen sind die Schulen, insbesondere natürlich die Gymnasien verantwortlich. Natürlich muss man in den Schulen für weitestmögliche Chancengleichheit sorgen, um auch Kindern aus Arbeiter oder Hartz-4-Familien wenigstens den Hauch einer Möglichkeit zu geben, Abitur zu machen und später mal auf die Uni zu gehen.
4. Rein praktisch ist diese Chancengleichheit aber nie zu 100% erreichbar, da zum Beispiel der klassiche Arztsohn, der von Kind auf Klavierunterricht bezahlt bekommt und mit 12 Jahren seine erste vierwöchige Sprachreise nach England machen darf immer Vorteile haben wird gegenüber einem Arbeiterkind, dessen Eltern froh sind, wenn sie saubere Kleidung und Essen für das Kind auftreiben - und dessen Eltern überhaupt kein Verständnis dafür aufbringen
können, was eine solide musikalische Ausbildung etc. dem Kind später mal bringen kann. Aber das ist ein anderes Thema und hier muss der Staat schauen, dass er Angebote schafft, auch sozial benachteiligten Kindern wenigstens einen kleinen Anteil der Möglichkeiten anzubieten, die Kinder aus reichen Familien haben, z.B. kostenloser Musikunterricht für alle, gezielte Nachmittagsangebote an Schulen, Individualbetreuung usw.
5. Wer diese Grundqualifikationen nicht mitbringt, weil er zum Beispiel "nur" die Hauptschule besucht hat, muss natürlich die Möglichkeit bekommen, die Qualifikationen nachzuholen, Stichpunkt: Zweiter Bildungsweg (In Deutschland gibt es dafür auch einige Möglichkeiten)
6. KEINE LÖSUNG ist es allerdings, das Eingangsniveau an den Universitäten einfach herabzusetzen und somit die Wissenschaft zu entwerten. Die Universitäten werden verschult (Bachelor-Umstellung), praktisch ausgerichtet (Bachelor = Ersatz für Berufsausbildung) und die Eingangsqualifikationen werden herabgesetzt (z.B. gibt es immer mehr Möglichkeiten für ausgebildete Handwerksmeister etc. auch fachfremd zu studieren). Das sehe ich kritisch, da die Universität ihren Studienanfängern immer mehr Lebensgrundlagen etc. beibringen muss und dafür ist sie einfach nicht da.
7. Wissenschaft wird an der Universität betrieben, dort sind die Experten, die benötigten Forschungseinrichtungen, die geeignete Arbeitsumgebung usw. (Auf private Institutionen, Forschungskollegs, etc. gehe ich jetzt nicht extra ein, denke dir das einfach als Teil der Universität, da da ja auch nur "Studierte" arbeiten)
8. Neben dieser universitäten Art von Wissenschaft gibt es noch das, was ich oben Populärwissenschaft , also Wissenschaft fürs Volk (populus = Volk), genannt habe. Dabei geht es in der Regel um eine allgemeinverständliche Aufarbeitung der wissenschaftlichen (universitären) Forschung für "interessierte Laien", wie ich es mal nennen würde. Um es konkret zu machen: Es gibt Magazine wie z.B. "Geo" oder "National Geographic", es gibt Roboterbausätze, Programmierkurse, Mini-Chemielabore, Literaturzirkel, verständliche Bücher mit vielen bunten Bildern, Tabellen, Grafiken usw. für fast alle Fächer, und es gibt noch vieles mehr. Das alles erachte ich persönlcih für sehr sehr wichtig (so habe ich mich oben auch ausgedrückt); weil genau diese Populärwissenschaft sich an ein breites Publikum wendet, quasi jeden miteinschließt und sich jeder daran beteiligen kann. Und ich will gar nicht abstreiten, dass es engagierte Hobbyforscher gibt, die spannende Experimente machen oder interessante Beiträge schreiben können. Diese Populärwissenschaft orientiert sich im Großen und Ganzen aber an der wissenschaftlichen (universitäten) Forschung und wird auch von Universitätsabsolventen bestimmt, die z.B. in den Redaktionen von Fachzeitschriften sitzen o.ä.
Ich zum Beispiel interessiere mich privat für Computerprogrammierung, habe aber überhaupt keinen Einblick in die universitäre Informatik, daher lese ich auch keine Forschungspublikationen, sondern blicke lieber hin und wieder mal in eine Zeitschrift, die man in jedem Kiosk kaufen kann, oder kauf mir einfach entsprechende "Laienbücher", die das ganze mit Bildchen usw. erklären. Wenn ich dann an einer Internetseite (z.B. das LiFo) programmiere, denke ich schon, dass ich etwas sinnvolles schaffe kann und auch eine Art "Forschung" betreibe, wenn ich neue Codes ausprobiere usw. Dennoch muss ich mir bewusst sein, dass das alles mit Wissenschaft überhaupt nichts zu tun hat, da sich die richtige Wissenschaft mit viel grundlegenderen Dingen beschäftigt, die für den Laien einfach nicht verständlich sind. Ich habe auch ein gewisses grundsätzliches Interesse für Quantenphysik und wenn so etwas wie der CERN in den Medien ist, lese ich gerne ein paar Artikel darüber, was da denn ungefähr in der Schweiz gemacht wird, aber deswegen kann ich noch lange nicht mit einem Physiker ernsthaft darüber diskutieren, wie denn ein Teilchenbeschleuniger funktionieren muss usw. Ich kann mich höchstens informieren und genau deswegen - auch quasi als Rechtferitung gegenüber der Öffentlichkeit - muss auch die Universität dafür sorgen, dass die breite Masse Informationen zu solchen ganz grundsätzlichen Vorgängen bekommt. Das geschieht dann über solche Zeitschriften, TV-Dokumentationen usw.
8. Jenseits von der richtigen universitären Wissenschaft und der eben erklärten Populärwissenschaft gibt es auch noch so etwas wie "Pseudowissenschaft", also Leute, die den Anspruch erheben, wissenschaftlich zu arbeiten, aber entweder keine Ahnung haben oder - was noch schlimmer ist - Leute bewusst manipulieren. Das fängt an bei "Ärzte und Psychologen, die [Astrologie] benutzen, da sie in dem System Punkte gefunden haben, die über Anfälligkeiten, etc., Aufschlüsse geben" und hört auf, wenn Madame Zenga in einer billigen Astro-TV-Sendung dich über dein Schicksal aufklärt. Sowas ist einfach nur Müll - und schlimmer noch: wahrscheinlich auch die logische Folge der Postmoderne.
9. Das hat nix mit Elitedenken o.ä. zu tun und schon gar nicht mit dem Gefühl, dass ich mich wegen meines Studiums als etwas bessers ansehe. Ich weiß es durchaus zu schätzen, dass ich mich 5 Jahre (oder noch länger) nur mit den Sachen auseinandersetzen darf, die mich wirklich interessieren - oder kurz: dass ich mich also "bilden"
darf. Wem und was ich das im Einzelnen zu verdanken habe, das brauche ich hier nicht auszuführen, aber das Studium und wissenschaftliche Arbeit generell sollte immer als Dienst an der Allgemeinheit aufgefasst werden. - Leider ist dieses Verständnis immer noch nicht bis zum letzten Studenten durchgedrungen, die Umstrukturierungen im Bachelor-System, Studiengebühren usw. vermitteln einem aber auch genau das Gegenteil.
Fazit: Der Zugang zu Bildung ist wichtig und muss für jeden geschaffen werden. Wissenschaft wird an den Universitäten betrieben. Ich bin gegen die Reduzierung des Studiums auf 6 Semester und die Verschulung der Universiätten, weil dadurch die wissenschaftlichen Standards verfallen und die wissenschaftliche Forschung abgewertet wird.
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Und wenn du, Amise, irgendwann mal lernst, halbwegs verständlich auszudrücken, was du eigentlich sagen willst, können wir gerne weiterreden.